Hoch hinaus: Fassadenanstrich im Wettlauf mit Graffiti-Gruppen

Gerüst für die Parkhausfassade

An die dreißig Meter hoch stand bis vor kurzem ein Gerüst an der Rückseite eines Parkhauses. Dieses gehört zum Firmengelände eines unserer Stammkunden und soll einen neuen Anstrich erhalten. Denn der neunstöckige Bau ist ein begehrtes Objekt bei einer ganz eigenen Gruppe von Fassadenmalern: Vom Dach aus bearbeiten immer wieder so genannte Graffiti-Roller den oberen Rand der Rückwand. Dabei scheuen sie keinen Aufwand. Unter höchst gefährlichen Umständen tragen sie – ausgerüstet mit Farbe und Teleskoprollern – übergroße Schriftzüge auf die Fassade auf.

Parkdecks, Büroräume, Wandgestaltung mit Anspruch – schon oft war Heidecke bei dem Großunternehmen im Kölner Süden im Einsatz. Das zuletzt beendete Projekt hatte die wohl größte zusammenhängende Wandfläche des gesamten Firmengeländes im Blick: die Rückwand eines Parkhauses. Dieses steht im hinteren Bereich und grenzt an eine Bahnstrecke. Eigentlich, so sollte man meinen, ist dies nicht unbedingt entscheidend für den Außenauftritt des Unternehmens. Wären da nicht die Graffiti-Roller.

Parkhaus Rückseite Fassade
Die Rückseite des Parkhauses

Maximaler Arbeitsschutz für Gefahrenstellen

„Hohe Gebäude sind für diese Leute ein bevorzugter Platz, an dem sie großflächig ihre Tags auftragen“, erklärt Daniel Gehlen, der das Projekt leitet. „Sie verschaffen sich bevorzugt in den milden, aber schon dunklen Herbstnächten Zugang zum Dach und können in wenigen Stunden große Flächen mit Farbe überstreichen.“

Dabei setzen sie keine Spraydosen ein, wie man es von kleineren  Formaten kennt, sondern rücken mit großen Farbeimern an, in die sie Rollen eintauchen. „Um den Schriftzug wirksam aufzutragen, scheuen sie weder Mühe noch Risiko“, so Gehlen, „Sie arbeiten von der Dachkante aus und arbeiten sich von oben nach unten vor. Zuerst werden die Umrisse – oft mithilfe eines Spiegels – in sichtbarem Kontrast zur Wand aufgetragen und danach innen ausgemalt.“

Gerade der obere Streifen sei daher ständig mit Graffiti verunziert gewesen. „Dem Ego tut es natürlich gut, wenn man noch hunderte Meter entfernt den Schriftzug lesen kann. Unser Kunde hat da eine ganz andere Meinung zu: Schließlich hält seine Fassadenwand dafür her. Und das ist nichts anderes als schwere Sachbeschädigung.“

Also errichtete der Kunde an der Rückwand ein Gerüst bis an die Traufe heran. Das war nicht ganz einfach zu organisieren, denn diese grenzt direkt an das Bahngelände. Es waren Absprachen mit der Deutschen Bahn nötig, denn hier stehen Hochspannungsmasten. Die Oberleitungen werden mit Starkstrom versorgt. Aus diesem Grund mussten in deren Nähe isolierende Holzelemente in das Gerüst integriert werden.

Parkhaus Gerüst

Schutzschicht gegen selbsternannte Künstler

„Dieses Gerüst ist im Grunde teurer als der Auftrag der Farbe selbst, aber wir arbeiten natürlich so, dass unsere Mitarbeiter sicher arbeiten können. Wir wundern uns manchmal, welche enormen Risiken die Roller eingehen, nur um sich dort zu verewigen. Es weiß wohl längst nicht jeder, dass sich in der Nähe von Starkstromleitungen lebensgefährliche Lichtbögen bilden können“, so Niederlassungsleiter Tilo Wagner. „Hinzu kommt die Höhe: einmal zu weit vorgebeugt, droht der Sturz ins Bodenlose.“ Um die ganze Wandfläche abzudecken, wurde das Gerüst zwischen zwei Arbeitsabschnitten zudem einmal komplett umgebaut.

3.500 Quadratmeter Fläche bietet die Fassade insgesamt, davon wurden 700 Quadratmeter neu gestrichen. Die Mitarbeiter reinigten zuvor die sensiblen Bereiche, grundierten sie dann lösemittelhaltig und strichen sie zum Schluss zweimal mit hochqualitativer Fassadenfarbe. Der obere Streifen in Höhe der achten und neunten Etage wurde zusätzlich mit einer farbabweisenden Schutzschicht versehen.

„Die besondere Herausforderung war, ein gleichbleibend hohes Tempo bei den Arbeiten einzuhalten“, so Gehlen. „Denn die Roller sind nicht nur künstlerisch erstaunlich ambitioniert, sondern gehen auch sehr entschlossen vor. Noch während der Arbeiten stellten wir fest, dass sie sich Zutritt zum Gerüst verschafft hatten: Wir sahen regelmäßig neue Schriftzüge, die wir dann wieder entfernt und übermalt haben. Es war ein regelrechter Wettlauf.“

Eine ganze Etage für die Arbeitswelt von morgen

Weil das Wetter nach drei Wochen Dauerregen Ende Oktober wieder trocken wurde, gingen die Arbeiten dennoch sehr zügig voran. Niederlassungsleiter Tilo Wagner zeigt sich zufrieden mit dem Ergebnis: „Wir wussten natürlich, dass ein Gerüst einerseits wie eine Einladung aussehen musste. Hinzu kommt, dass Gerüste solcher Dimension den Kunden viel Geld kosten und jeder Tag zählt. Aber wir hatten auch Glück: Es ist keiner auf die Idee gekommen, auf mittlerer Höhe Schriftzüge anzubringen, denn dann hätten wir auch Bereiche behandeln müssen, die gar nicht für einen Anstrich vorgesehen waren. Jetzt, wo das Gerüst wieder abgebaut ist, kann man diese Stellen gar nicht mehr erreichen.“

Insofern war das Geltungsbedürfnis der Graffiti-Roller immerhin kalkulierbar. „Und letztlich sind wir auch froh, dass niemand zu Schaden gekommen ist“, ergänzt Wagner. Die Fassade ist nun wieder sauber und einheitlich weiß; der Schutzauftrag, so schätzt Gehlen, wird die Szene wohl entmutigen, dort weitere Aktivitäten zu starten. „Es bringt ja nichts, sich buchstäblich aus dem Fenster zu hängen, nur damit das Werk wenige Tage später wieder beseitigt ist. Was die Graffiti-Gruppen motiviert, ist ja gerade die Selbstwirksamkeit.“

Parkhaus Gerüst Aussicht

Er freut sich schon auf die nächsten Projekte bei der Unternehmensgruppe: „Das war nicht die erste Fassade, die wir hier gestrichen haben. Und der Kunde beauftragt uns auch in den Innenräumen regelmäßig mit anspruchsvollen Arbeiten. Erst kürzlich durften wir für ihn eine ganze Etage neu gestalten, in der eine hochmoderne Arbeitswelt für die Mitarbeiter eingerichtet wurde. Farbige Betondecken, aufwändiger Innenumbau mit anschließender Farbgestaltung und Whiteboard-Beschichtung an den Wänden: Hier sieht man, was einige Unternehmen mittlerweile alles tun, um den Beschäftigten eine kreative und produktive Atmosphäre zu bieten.“

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