Der Winter ist die große Zeit des Schimmelpilzbefalls. Häufig erreichen uns Anfragen von Vermietern, in deren Wohnungen sich muffiger Geruch und schwarze Flecken an Wänden oder Fensterlaibungen breit machen. Die Gründe für die Ausbreitung von Schimmelpilzbefall sind vielfältig, die Schadensmuster genauso. Man sollte meinen, dass die Eigentümer Sorge um die Bausubstanz ihrer Immobilien haben, aber häufig wollen sie nur ihre Ruhe. Niederlassungsleiter Tilo Wagner und der Sachverständige für Feuchte- und Schimmelpilzschäden Wolfgang Maasjost berichten im Interview, worauf es bei der Schimmelpilzbekämpfung wirklich ankommt.
Warum schlägt der Schimmelpilz so gerne im Winter zu?

Wolfgang Maasjost: Vorab: Schimmelpilzbefall kommt zu allen Jahreszeiten vor. Die Sporen finden sich überall in der Luft; damit Schimmelpilz aber wachsen kann, müssen mehrere Faktoren zusammenkommen. Erstens benötigt der Pilz ein bestimmtes Milieu. Die meisten Arten wachsen ab einer Luftfeuchtigkeit von 80 Prozent. Außerdem brauchen sie ein Substrat für die Ernährung – zum Beispiel Tapete – und eine Umgebung, die nicht zu alkalisch ist.
Tilo Wagner: Von Vermieterseite hören wir oft, dass die Mieter nicht richtig lüften. Das stimmt aber nicht immer. Natürlich: Wer im Winter zu wenig heizt und zu wenig lüftet, riskiert tatsächlich einen Befall, weil dann in der warmen Zimmerluft die relative Feuchte ansteigt und sich an zu kühlen Wänden niederschlägt. Genauso gut kann aber die Ursache im Bau selbst liegen. Es ist wichtig, die genaue Ursache zu ermitteln und abzustellen, sonst kommt der Pilz immer wieder.
Wolfgang Maasjost: Der Wasserdampf, der in der Raumluft enthalten ist, kondensiert dort, wo der Taupunkt erreicht wird. Früher waren das meist die Fenster. Seit diese recht gut gedämmt sind, finden sich solche Orte eher an der Außenwand, zum Beispiel hinter Möbeln, wo die Temperatur niedriger bleibt.
Haben Maler die Möglichkeit, die Ursache herauszufinden?
Tilo Wagner: Nein, nicht wirklich. Weder können wir die Art des Pilzes bestimmen noch haben wir Datenlogger, um das Nutzerverhalten nachzuverfolgen. Außerdem sind häufig Baumängel die Ursache. Dies zweifelsfrei festzustellen, ist Sache eines Gutachters. Wenn wir Schäden einfach überstreichen, kommen sie wieder, deshalb nehmen wir solche Aufträge auch nicht an.
Andere Maler haben da weniger Bedenken…
Tilo Wagner: …das stimmt. Es ist verführerisch, einen Stammkunden zu gewinnen, dem man immer wieder dieselben Stellen überstreicht. Aber das wird ja nicht dem Bewohner gerecht, er muss doch in den Räumen leben!
Wolfgang Maasjost: Als Sachverständige treffen wir öfter auf Malerunternehmen, die einfach mit einem Fungizid arbeiten. Die sagen dann nach getaner Arbeit: „Melden Sie sich, wenn’s wieder kommt.“ Wenn aber zum Beispiel Feuchtigkeit von außen eintritt, dann wird man die Ursache nicht durch eine Flasche Schimmel-Ex und etwas Streichen los.
Wie gehen denn Sachverständige vor?
Wolfgang Maasjost: Ein Sachverständiger sollte alle Ursachen untersuchen, dazu gehört die Messung von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit und gegebenenfalls die Bestimmung der Schimmelpilzart über Laborproben. Wir machen im Winter oft Aufnahmen mit der Wärmebildkamera, um Wärmebrücken aufzudecken. Feuchtigkeit in der Wand kann auch von Spritzwasser, Schlagregen, fehlerhaft eingebauten Fenstern oder versteckten Rohrbrüchen kommen. Dann hilft oft nur eine Sanierung.
Wie sieht die aus?

Wolfgang Maasjost: Nachdem die Ursachen beseitigt sind, müssen die befallenen Oberflächen zurückgebaut werden – in fast allen Fällen ist die Tapete betroffen. Darunter kann sich Gipsputz befinden, der muss dann meist auch abgetragen werden. Es gibt zu diesem Thema detaillierte Empfehlungen, nach denen sich Sanierer richten, etwa vom Bundesumweltamt, vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg oder auch in der VDS-Richtlinie 3151.
Tilo Wagner: Gute Maler wissen das auch, weil das Teil ihrer Ausbildung ist. Wir treten grundsätzlich erst in einer späteren Phase in Aktion, wenn nämlich die neuen Oberflächen aufgetragen werden. Wichtig für die Prävention ist, entweder gleich alkalische Baustoffe zu verwenden oder sie mit alkalischen Farben zu streichen.
Woran erkennt eigentlich ein Maler einen kompetenten Sachverständigen?
Tilo Wagner: Wir achten auf eine aussagekräftige Zertifizierung. Außerdem machen wir unsere Erfahrungen mit Sachverständigen und können beurteilen, wer wirklich kompetent ist.
Wolfgang Maasjost: Das ist ein guter Hinweis, denn auch in unserer Branche gibt es Blender. Eine gute Reputation muss man sich erarbeiten. Nach einiger Zeit eilt uns dann ein Leumund voraus.
Und umgekehrt?
Wolfgang Maasjost: Das erkennt man im Gespräch schnell. Wer zum Beispiel die Gesetze besser kennt als die Baustoffe, macht erst einmal keine gute Figur.
Tilo Wagner: Maler, die „nein“ sagen können, wenn reine Kosmetik verlangt wird, dagegen schon. Das ist übrigens in allen Branchen so.